Kirchengemeinde Lindenhardt
ANDACHT
Liebe Gemeinde,
eine der berührendsten Ostergeschichten steht im Lukasevangelium: Zwei Männer sind unterwegs von Jerusalem zum Dorf Emmaus. Etwa 12 Kilometer sind es, für einen geübten Wanderer kein langer Weg. Aber die beiden tragen schweres Gepäck: Jesus ist gestorben, der, auf den sie all ihre Hoffnung gesetzt hatten. Bereits vor seinem Tod hatte er immer wieder darüber gesprochen. Dass es passieren wird. Dass es so kommen muss. Die Frauen haben ihnen erzählt vom leeren Grab. Und doch: Der Sinn hinter allem, das große Bild zeigt sich nicht. Nur ein großer Scherbenhaufen der Hoffnung. Es gibt Wahrheiten, die kann man sich tausendmal sagen lassen. Die kann man mit dem Verstand akzeptieren, aber sie machen trotzdem keinen Unterschied im Leben. Da taucht ein Dritter auf. Von Jesu Tod weiß er angeblich nichts, dafür aber viel aus den alten Schriften. Er fängt an zu erzählen—und die beiden Männer merken: Da ist einer, der tut gut. Den wir nicht loslassen möchten. Wir verstehen nicht alles. Aber das müssen wir auch nicht. Für den Moment reicht es, wenn er einfach bei uns bleibt. Sie erkennen nicht, dass der, der da mit ihnen geht, kein Fremder ist. Es ist Jesus selbst.
Dass Jesus auferstand, ist eine Botschaft, über die du nachgrübeln kannst, im Versuch, den Sinn dahinter zu verstehen. Doch wichtiger, als den Auferstandenen zu verstehen, ist, ihm zu begegnen. Was den Jüngern die Augen auftut sind am Ende nicht Belehrungen, sondern eine simple Geste: Jesus teilt das Brot. So, wie er es bei ihrem letzten gemeinsamen Mahl getan hat. Er teilt es mit seinen Jüngern und zeigt damit: Das alles habe ich für euch getan. Und mit einem Mal geht ihnen ein Licht auf, und sie sprechen zueinander:
Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete? (Lk 24,32) Gerade, als alles klar wird, verschwindet Jesus mit einem Mal. So ist das mit dem lebendigen Gott: Man kann ihn nicht festhalten wie einen Besitz. Man kann ihn nicht in die Tasche stecken. Das Wunder der Auferstehung hat man nicht als Besitz, es leuchtet in besonderen Momenten auf. Gott zeigt sich im Leben nicht auf Befehl. Und meistens erkennt man erst im Rückblick: Ja, da war Jesus mit auf dem Weg. Er hat mich begleitet und getragen.
Ihr Pfarrer Severin Wagner